%0 Journal Article %J Actes de la recherche en sciences sociales %D 1978 %T Le patronat %A Bourdieu, Pierre %A Saint-Martin, Monique de %X Die Arbeitgeber. Die Studie bezieht sich, getiitzt auf Datenrhaterial aus biographischen Jahrbüchern, Wirtschaftszeitschriften, Interviews, usw., auf eine repräsentative Stichprobe von 216 Generaldirektoren der grössten Industrie-, Bank- und Versicherungsgesellschaften sowie der dazugehörigen Gesellschaften (1972). Das Set der Eigenschaften der Unternehmer der grössten Gesellschaften lässt nun ein Ensemble miteinander verbundener Gegensätze erkennen, die in der Hauptsache différentielle Herrschafts — und Reproduktionsmodi widergeben. So stehen die häufig aus Familien des höheren Beamtentums oder der freien Berufe entstammenden Unternehmer, deren Grossgesellschaften eng mit dem Staat liiert sind und deren Position sich einem durch Erbschaft weitergegebenen und im Durchgang durch die Staatsbürokratie akkumumierten sozialen Kapital an Beziehungen sowie einem schulischen Kapital (im Sinne höherer Ausbildung) verdankt, im Gegensatz zu den privaten Unternehmern, die — entweder Erben grosser Familien der Geschäftsbourgeoisie oder aber Aufsteiger ans der Kleinbourgeoisie — ihre gesamte Karriere im privaten Sektor gemacht haben und deren Ausbildung nur relativ kurz war. Im Gegensatz zweier {Kapital-Strukturen} — mit schulischer Komponente bei ersteren, ökonomischer Dominante bei letzteren — schlägt sich der Gegensatz zweier Reproduktionsmodi nieder : im ersten Fall die mehr oder minder wollstàndig durch die {(Hoch-)} Schule gewährleistete Weitergabe der auf dem schulischen (akademischen) Titel gegriindeten Macht «auf Lefcenszeit» (pouvoir viager) des Unternehmensleiters; im zweiten Fall die mehr oder minder ganz durch die Familie Kontrollierte Weitergabe eines hereditären Eigentumsrechts. Im letzteren Fall erscheinen denn auch die Stategien zur Reproduktionssicherung der Familie und insbesondere deren Zusammenhalt, untrennbar verbunden mit ökonomischen Stategien zur Sicherung der Weiterentwicklung des Unternehmens. Die fondamentale Differenz beider Reproduktionsmodi gründet in der im eigentlichen Sinne statistischen Logik der Reproduktionsweise mit schulischer Komponente. Während in der Reproduktionsweise mit ökonomischer Komponente der Inhaber von Eigentumsrechten unmittelbar seinen Erben bestimmt, beruht innerhalb der Reproduktionsweise mit schulischer Komponente die Weitergabe vermittels der {(Hoch-)Schule} auf der statistischen Anäufung isolierter und den Gesetzen des schulischen Marktes unterworfener Aktionen individueller oder kollektiver Agenten. Freilich sollten die Gegensätze nicht vergessen machen, dass die Differenz so radikal wie sie erscheint, nun wieder auch nicht ist : die Aktion der Schule stùtzt sich auf die Familie ; umgekehrt zwingt sich im Moment der Nachfolge der Bezitz hochangesehener schulischer Titel den Erben selbst auf. Innerhalb jeder durch ihre Distanz zum Staat definierten Klasse unterscheiden sich die Unternehmer sowohl hinsichtlich ihrer eigenen spezi-fîschen sozialen Laufbahn wie der ihrer Familie als auch in bezug auf das Alter der von ihnen geleitet-en Gesellschaft. Der Gegensatz zwischen den der Aristokratie oder der Pariser Grossbourgeoisie entstammenden Unternehmern auf der einen Seite — Menschen mit weitläufigen mondänen und öffentlichen Beziehungen : Bankiers und Unternehmer grosser Industriekomplexe, die als Finanz-macht auftreten und wirken —, und den Spätergekommenen auf der anderen Seite, Angehörige minder alter Familien, durch die Ingenieurschulen hindurchgegangene Techniker, deckt sich mit dem Gegensatz zwischen dem Finanzkapitalismus der Banken und dem Monopolkapitalismus der Grossindustrie. Der Hang zum Ökonomismus darf nicht dazu verleiten, das Gewicht der persönlichen Beziehungen zu unterschätzen — zumal jener, die der Verwaltungsrat im Funktionsvollzug der ökonomischen Macht offizialisiert. Die bestehenden Gruppen definjeren sich weniger durch substantielle Eigenschaften denn durch Beziegen der Allianz, der Konkurrenz oder des Konflikts mit dem Ziel der Macht im Feld des ökonomischen Macht oder im Rahmen des einzelen Unte nejmens. Tatsächlich könnte es durchaus sein, dass die Theorie des unabwejidbaren Absterbens des Familienunternehmens nichts anderes darstellt als die ideologische Strategie einer Politik, die auf den (zumindest provisorischen) Sieg der Interessen jenes Sektors der herrschenden Fraktion der herrschenden Klasse abzielt, der über (relativ) mehr kulturelles als ökonomisches Kapital verfügt und zudem enger mit der Staatsbürokratie lüert ist. Die Untersuchung der Veränderungen der Merkmale der Unternehmensleiter zwischen 1952 und 1972 wie auch des Feldes der Unternehmen während desselben Zeitraums lässt an der Aussagekraft jener statistischen Vergleiche zweifeln, die esunterlassen, das Spiel von Nominellem und Realem (im Zusammenhang insbesondere des Begriffs der Wirtschaftsgruppe), dessen Austragungsort das Feld der Macht bildet. in Rechnung zu ziehen. Von rigorosem Vergleich kann in der Tat nur gesprochen werden, wo Strukturen oder Felder untereinander verglichen werden. Mag zwar die Tendenz zur Bürokratisierung dem Wachstumsprozess der Unternehmen eingeschrieben sein, so ist sie doch weniger ausgeprägt als manchmal unterstellt. Im Zusammenhang der Frage der politischen Stellungnahmen der Unternehmer oder ihrer Art der Unternehmensführung müssen aufgrund der Anpassung von Positionen und Dispositionen zugleich die persönlichen Charakteristiken der Unternehmer und der Führungsmannschaft, Situation und Status des Unternehmens (privät, öffentlich), der jeweilige Sektor, die Art des hergestellten Produkts, die Struktur des Personals, die Stellung im ökonomischen Kampf {(Monopol}, Konkurrenz), die Konjunkturlage (wirtschaftlicher Aufstieg, Abstieg), usw. in Betracht gezogen werden. Sekundäre Unterschiede wie etwa zwischen den eher Abstimmung und konzertiertes Vorgehen präferierenden Unternehmern, den sogenannten Neopaternalisten ; und den kàmpferisch eingestellten Paläopaternalisten - Unterschiede, die grundlegend von deren jeweiliger Position an der Klassen-kampffront bedingt sind — verschwinden in Phasen zunehmender sozialer und ökonomischer Spannungen tendenziell zugunsten der prinzipiellen Gegensätze — jene, die die Unternehmer entsprechend der Grosse ihrer Unternehmen und ihrer Klassenherkunft trennen. In der Tat haben wenige Führungsgruppen in der Vergangenheit so viele Legitimationsprinzipien (so insbesondere der Aristokratismus von Geburt, der Meritokratismus des schulischen Erfolgs; der ökonomische Erfolg) in sich vereinigt wie die gegenwärtigen Inhaber der Machtpositionen. So übt die Grossbourgeoisie, bestehend aus einer Anzahl hauptsächlich Pariser Familien von Bankiers Industriellen, von mitdem Staat lüerten Gross-unternehmern sowie der Grossbourgeoisie des {«Amtsadels»} (höheres Beamtentum und freie Berufe), tendenziell in allen Bereichen der Praxis eine der Macht über das ökonomische Kapital, die durch ihr Vermögen zur Mobilisierung des Finanzkapitals gegeben ist, äquivalente Macht aus. %B Actes de la recherche en sciences sociales %V 20 %P 3-82 %G eng %U http://www.persee.fr/web/revues/home/prescript/article/arss_0335-5322_1978_num_20_1_2592 %N 1 %! Le patronat %R 10.3406/arss.1978.2592